Post by usagigoya on Feb 12, 2021 13:30:00 GMT -5
Fremder, der Du hier eintrittst … Der Dantes Verlag
Veröffentlicht: Donnerstag, 09. Februar 2017
Immer wieder wird das Ende des Comics alter Form angekündigt. Da mutet es geradezu verwegen an, wenn ein neuer Verleger auf der Bildfläche erscheint und wacker seinen Hut in den Ring wirft ... einen Hut voller in Deutschland bisher ungehobener Perlen Graphischer Literatur. CRON befragte den Mannheimer Jungverleger Josua Dantes nach seinen Motiven und seinem Verlagsprogramm.
Interview mit Josua Dantes
über seinen neu gegründeten Verlag
Josua, plötzlich, wie aus dem Nichts, gehst Du mit einem neuen Verlag an den Start. Magst Du kurz sagen, wer Du bist, was Du bisher mit Comics zu tun hattest und vor allem: was Dich bewogen hat, gerade jetzt einen Verlag zu gründen?
Ich bin 34 Jahre alt und arbeite hauptberuflich als Krankenpfleger auf einer chirurgischen Station. Comics hab ich durch die „Asterix"- und „Lucky Luke"-Sammlung meines Vaters kennengelernt, später kamen die Superheldencomics meines Onkels dazu. Schon damals hab ich mich zum Beispiel im Keyboard-Unterricht lieber mit den bunten Heftchen vergnügt, statt zu üben. Unsere Bibliothek hatte eine beachtliche Comicabteilung, die ich regelmäßig aufgesucht habe. In den Neunzigern begann ich mit „Spawn" und „Batman" selbst zu sammeln, aber mit der Zeit hatte ich nicht mehr so viel Gefallen an Superhelden, was bedeutete, dass etwas Neues her musste. Auf eine Empfehlung eines Freundes hin entdeckte ich „Transmetropolitan". Ich war so begeistert, dass ich mich gleich auf die Suche nach mehr machte und einen riesigen Kosmos an Bildergeschichten für eine erwachsenere Leserschaft entdeckte – darunter auch „Sláine". Mittlerweile füllen bei mir zu Hause die Comics ein ganzes Zimmer.
Das klingt nach einem keinesfalls ungewöhnlichen Lebenslauf. Durchaus ungewöhnlich ist aber die Verlagsgründung ...
Ich hatte schon länger mit dem Gedanken gespielt, einen eigenen Verlag zu gründen, aber bisher einfach keine Zeit für solch ein Projekt. Das änderte sich dann, als ich im November 2015 meine Stelle im Krankenhaus auf 80 % reduzieren konnte. Anfang 2016 wollte ich mir in meiner neu gewonnenen Freizeit eine Übersetzung für „Usagi Yojimbo" Nummer 7 erstellen, um mir, da der Band ja sowohl in der Carlsen- als auch in der Schwarzer-Turm-Ausgabe fehlt, ein eigenes Exemplar drucken zu lassen.
Ein einziges Exemplar?
Ein einziges Exemplar. Und dabei fand ich sehr schnell Gefallen an der „Arbeit" mit Comics. Nach einigen Wochen war klar, dass ich meinen Traum vom eigenen Verlag in die Tat umsetzen musste, also versuchte ich mein Glück. Mille vom Schwarzen Turm gab mir eine Kontaktadresse von Fantagraphics und vermittelte mich an Dich, den Übersetzer von „Usagi". So fing das an. Natürlich lag noch Einiges an Arbeit und auch viel Neues vor mir. In den folgenden Wochen habe ich mich informiert, was alles nötig wäre, um als Verleger tätig werden zu können. Als schließlich auch Gary Groth von Fantagraphics bereit war, mir als komplettem Newcomer eine Chance zu geben, musste ich einfach zugreifen. Mein Bruder unterstützt mich als „Bankenersatz", was mir den Start vereinfacht und weitere Serien erst möglich gemacht hat. Seitdem gebe ich mein Bestes, um meiner noch ungewohnten Rolle als Herausgeber gerecht zu werden.
Die ersten beiden Dantes-Serien bringen zwei Gestalten zurück auf die deutsche Bühne, die beide bereits einige Verlagswechsel hinter sich haben: Usagi Yojimbo und Sláine. Was reizt Dich an Kriegerfiguren aus den 1980ern?
Dass meine ersten Figuren beide aus den Achtzigern stammen, ist eher Zufall. „Usagi" und „Sláine" sind übrigens beides Serien, die in ihren Ursprungsländern auch heute noch fortgesetzt werden.
An „Usagi" reizt mich die Vielfalt der Geschichten, in die sowohl historische Ereignisse und Gesellschaftsbeschreibungen als auch fantastische Elemente und Handlungsmotive aus Filmen, Literatur und anderen Comics eingeflochten sind. Die Plots sind nicht nur abwechslungsreich, sondern werden auch extrem gut erzählt. Egal, ob reich an action, lustig oder auch nachdenklich-melancholisch, es gelingt Stan Sakai jederzeit, mich gut zu unterhalten. Stans Zeichnungen sind reduziert, wunderschön und stets wohl komponiert. Sie spiegeln immer stimmig wider, was die jeweilige Situation gerade erfordert.
„Sláine" war für mich vor ca. 15 Jahren der Wegbereiter für alle weiteren Fantasy-Comics ... und für mehr. Damals hab ich die ersten „Sláine"-Alben in einem Plattenladen entdeckt und fand das Aussehen der Titelfigur einfach nur cool. Schon beim ersten Durchblättern war ich hellauf begeistert, denn Ich hatte bis dahin nichts Vergleichbares an Bildern in Comics gesehen. Die Punk-Einflüsse haben mir damals besonders zugesagt, da ich voll auf diesen Look steh. Ich renn selbst seit 20 Jahren als Punk rum und ich verbinde damit auch ein gewisses Lebensgefühl. Außerdem sind die Geschichten einfallsreich, erstaunlich tief in keltischer Mythologie verwurzelt und immer mit einer guten Prise schwarzen, britischen Humors gewürzt. Ukko rockt! „Sláine" hat meine Lust auf mehr geweckt, also begann ich meine Lücken in Sachen „Fantasy" zu schließen. Wie Dante seinen Vergil, hatte Josua Dantes seinen Sláine, der ihn auf seiner Reise in die Welt der Fantasy begleitet hat.
Und was können wir in Zukunft vom Dantes Verlag erwarten?
Fortsetzungen von „Sláine" und „Usagi" sind natürlich geplant. So wie ich die „Sláine"-Bände aufteilen will, kommen wir auf derzeit 19 Ausgaben – der letzte Band ist in England erst 2016 erschien, weitere Bände sind angekündigt. Bei „Usagi" stehen noch 22,5 Bände aus. Ein halber US-Band entspricht etwa einem deutschen. Zusatzbände wie „Senso" oder „Space Usagi" sind dabei nicht mitgerechnet. Über eine weitere Serie wird gerade mit dem Lizenzgeber verhandelt, den Titel gebe ich aber erst nach Vertragsabschluss bekannt. Diese drei Serien reichen fürs Erste auch, ich möchte mich nicht übernehmen. Ich bin ja quasi noch Anfänger und will erstmal abwarten, wie die nächsten Monate so laufen.
Darüber hinaus plane ich das eine oder andere Projekt mit einheimischen Künstlern. Den Anfang macht Andreas Butzbach, der zum GCT-Heft ein „Sláine"-Pin-Up beisteuert, das auch im ersten Album enthalten sein wird. Auch Einzelbände oder Serien von deutschen Künstlern kann ich mir in Zukunft gut vorstellen.
Die Fragen stellte Jens R. Nielsen
Abbildungen © Dantes Verlag
Die nackten Fakten
Usagi Yojimbo 5 - Die Klinge der Götter (Schwarzer Turm Edition)
Story und Zeichnungen: Stan Sakai
Übersetzung: Jens R. Nielsen
Lettering: Michael Möller, comicpix.de
Paperback, 17 x 25 cm, 104 Seiten, s/w
Limitiert auf 300 Exemplare
ISBN 978-3-946952-00-8
Erschienen am: 28. Januar 2017
Preis: 12.- €
Usagi Yojimbo 6+7 - Die Drachenschrei-Verschwörung (Schwarzer Turm Edition)
Story und Zeichnungen: Stan Sakai
Übersetzung: Jens R. Nielsen
Paperback, 17 x 25 cm, 180 Seiten, s/w
Limitiert auf 300 Exemplare
ISBN 978-3-946952-01-5
Erscheint: 2. März 2017
Preis: 18.- €
www.comic-report.de/index.php/verlage/sonstigeverlage3/1367-dantes-verlag-2017
Veröffentlicht: Donnerstag, 09. Februar 2017
Immer wieder wird das Ende des Comics alter Form angekündigt. Da mutet es geradezu verwegen an, wenn ein neuer Verleger auf der Bildfläche erscheint und wacker seinen Hut in den Ring wirft ... einen Hut voller in Deutschland bisher ungehobener Perlen Graphischer Literatur. CRON befragte den Mannheimer Jungverleger Josua Dantes nach seinen Motiven und seinem Verlagsprogramm.
Interview mit Josua Dantes
über seinen neu gegründeten Verlag
Josua, plötzlich, wie aus dem Nichts, gehst Du mit einem neuen Verlag an den Start. Magst Du kurz sagen, wer Du bist, was Du bisher mit Comics zu tun hattest und vor allem: was Dich bewogen hat, gerade jetzt einen Verlag zu gründen?
Ich bin 34 Jahre alt und arbeite hauptberuflich als Krankenpfleger auf einer chirurgischen Station. Comics hab ich durch die „Asterix"- und „Lucky Luke"-Sammlung meines Vaters kennengelernt, später kamen die Superheldencomics meines Onkels dazu. Schon damals hab ich mich zum Beispiel im Keyboard-Unterricht lieber mit den bunten Heftchen vergnügt, statt zu üben. Unsere Bibliothek hatte eine beachtliche Comicabteilung, die ich regelmäßig aufgesucht habe. In den Neunzigern begann ich mit „Spawn" und „Batman" selbst zu sammeln, aber mit der Zeit hatte ich nicht mehr so viel Gefallen an Superhelden, was bedeutete, dass etwas Neues her musste. Auf eine Empfehlung eines Freundes hin entdeckte ich „Transmetropolitan". Ich war so begeistert, dass ich mich gleich auf die Suche nach mehr machte und einen riesigen Kosmos an Bildergeschichten für eine erwachsenere Leserschaft entdeckte – darunter auch „Sláine". Mittlerweile füllen bei mir zu Hause die Comics ein ganzes Zimmer.
Das klingt nach einem keinesfalls ungewöhnlichen Lebenslauf. Durchaus ungewöhnlich ist aber die Verlagsgründung ...
Ich hatte schon länger mit dem Gedanken gespielt, einen eigenen Verlag zu gründen, aber bisher einfach keine Zeit für solch ein Projekt. Das änderte sich dann, als ich im November 2015 meine Stelle im Krankenhaus auf 80 % reduzieren konnte. Anfang 2016 wollte ich mir in meiner neu gewonnenen Freizeit eine Übersetzung für „Usagi Yojimbo" Nummer 7 erstellen, um mir, da der Band ja sowohl in der Carlsen- als auch in der Schwarzer-Turm-Ausgabe fehlt, ein eigenes Exemplar drucken zu lassen.
Ein einziges Exemplar?
Ein einziges Exemplar. Und dabei fand ich sehr schnell Gefallen an der „Arbeit" mit Comics. Nach einigen Wochen war klar, dass ich meinen Traum vom eigenen Verlag in die Tat umsetzen musste, also versuchte ich mein Glück. Mille vom Schwarzen Turm gab mir eine Kontaktadresse von Fantagraphics und vermittelte mich an Dich, den Übersetzer von „Usagi". So fing das an. Natürlich lag noch Einiges an Arbeit und auch viel Neues vor mir. In den folgenden Wochen habe ich mich informiert, was alles nötig wäre, um als Verleger tätig werden zu können. Als schließlich auch Gary Groth von Fantagraphics bereit war, mir als komplettem Newcomer eine Chance zu geben, musste ich einfach zugreifen. Mein Bruder unterstützt mich als „Bankenersatz", was mir den Start vereinfacht und weitere Serien erst möglich gemacht hat. Seitdem gebe ich mein Bestes, um meiner noch ungewohnten Rolle als Herausgeber gerecht zu werden.
Die ersten beiden Dantes-Serien bringen zwei Gestalten zurück auf die deutsche Bühne, die beide bereits einige Verlagswechsel hinter sich haben: Usagi Yojimbo und Sláine. Was reizt Dich an Kriegerfiguren aus den 1980ern?
Dass meine ersten Figuren beide aus den Achtzigern stammen, ist eher Zufall. „Usagi" und „Sláine" sind übrigens beides Serien, die in ihren Ursprungsländern auch heute noch fortgesetzt werden.
An „Usagi" reizt mich die Vielfalt der Geschichten, in die sowohl historische Ereignisse und Gesellschaftsbeschreibungen als auch fantastische Elemente und Handlungsmotive aus Filmen, Literatur und anderen Comics eingeflochten sind. Die Plots sind nicht nur abwechslungsreich, sondern werden auch extrem gut erzählt. Egal, ob reich an action, lustig oder auch nachdenklich-melancholisch, es gelingt Stan Sakai jederzeit, mich gut zu unterhalten. Stans Zeichnungen sind reduziert, wunderschön und stets wohl komponiert. Sie spiegeln immer stimmig wider, was die jeweilige Situation gerade erfordert.
„Sláine" war für mich vor ca. 15 Jahren der Wegbereiter für alle weiteren Fantasy-Comics ... und für mehr. Damals hab ich die ersten „Sláine"-Alben in einem Plattenladen entdeckt und fand das Aussehen der Titelfigur einfach nur cool. Schon beim ersten Durchblättern war ich hellauf begeistert, denn Ich hatte bis dahin nichts Vergleichbares an Bildern in Comics gesehen. Die Punk-Einflüsse haben mir damals besonders zugesagt, da ich voll auf diesen Look steh. Ich renn selbst seit 20 Jahren als Punk rum und ich verbinde damit auch ein gewisses Lebensgefühl. Außerdem sind die Geschichten einfallsreich, erstaunlich tief in keltischer Mythologie verwurzelt und immer mit einer guten Prise schwarzen, britischen Humors gewürzt. Ukko rockt! „Sláine" hat meine Lust auf mehr geweckt, also begann ich meine Lücken in Sachen „Fantasy" zu schließen. Wie Dante seinen Vergil, hatte Josua Dantes seinen Sláine, der ihn auf seiner Reise in die Welt der Fantasy begleitet hat.
Und was können wir in Zukunft vom Dantes Verlag erwarten?
Fortsetzungen von „Sláine" und „Usagi" sind natürlich geplant. So wie ich die „Sláine"-Bände aufteilen will, kommen wir auf derzeit 19 Ausgaben – der letzte Band ist in England erst 2016 erschien, weitere Bände sind angekündigt. Bei „Usagi" stehen noch 22,5 Bände aus. Ein halber US-Band entspricht etwa einem deutschen. Zusatzbände wie „Senso" oder „Space Usagi" sind dabei nicht mitgerechnet. Über eine weitere Serie wird gerade mit dem Lizenzgeber verhandelt, den Titel gebe ich aber erst nach Vertragsabschluss bekannt. Diese drei Serien reichen fürs Erste auch, ich möchte mich nicht übernehmen. Ich bin ja quasi noch Anfänger und will erstmal abwarten, wie die nächsten Monate so laufen.
Darüber hinaus plane ich das eine oder andere Projekt mit einheimischen Künstlern. Den Anfang macht Andreas Butzbach, der zum GCT-Heft ein „Sláine"-Pin-Up beisteuert, das auch im ersten Album enthalten sein wird. Auch Einzelbände oder Serien von deutschen Künstlern kann ich mir in Zukunft gut vorstellen.
Die Fragen stellte Jens R. Nielsen
Abbildungen © Dantes Verlag
Die nackten Fakten
Usagi Yojimbo 5 - Die Klinge der Götter (Schwarzer Turm Edition)
Story und Zeichnungen: Stan Sakai
Übersetzung: Jens R. Nielsen
Lettering: Michael Möller, comicpix.de
Paperback, 17 x 25 cm, 104 Seiten, s/w
Limitiert auf 300 Exemplare
ISBN 978-3-946952-00-8
Erschienen am: 28. Januar 2017
Preis: 12.- €
Usagi Yojimbo 6+7 - Die Drachenschrei-Verschwörung (Schwarzer Turm Edition)
Story und Zeichnungen: Stan Sakai
Übersetzung: Jens R. Nielsen
Paperback, 17 x 25 cm, 180 Seiten, s/w
Limitiert auf 300 Exemplare
ISBN 978-3-946952-01-5
Erscheint: 2. März 2017
Preis: 18.- €
www.comic-report.de/index.php/verlage/sonstigeverlage3/1367-dantes-verlag-2017